Innenstadt und Hauptbahnhof - öffentlicher Raum oder Zugang nur für KonsumentInnen?
Die Begriffe "Weltoffenheit" und "Toleranz" sind zwei Begriffe, mit denen sich viele LeipzigerInnen identifizieren. Diese beiden Begriffe und das Bewusstsein "Heldenstadt" zu sein, prägen das Image der Stadt. Image und Realität liegen jedoch weit auseinander, dies zeigen u.a. Ordnungspolitik und Stadtplanung der letzten Jahre, die von LeipzigerInnen kaum kritisierte wurde. Seit Jahren versucht sich Leipzig als internationale Stadt zu etablieren. Dazu gehören einerseits Prestigeprojekte wie der Hauptbahnhof, die Neue Messe und das Zentralstadion und andererseits die Durchsetzung einer Politik von "Ordnung und Sicherheit", die dazu führt, dass zahlreichen Menschen der Aufenthalt in öffentlichen Räumen verwehrt wird und dass LeipzigerInnen auf Schritt und Tritt von Kameras überwacht werden. Die Innenstadt wurde im Interesse des Stadtmarketings in den letzten Jahren zur "sauberen Zone" gemacht,
in der alle, die als störend empfunden werden, an den Rand gedrängt oder weg geschickt werden. Das gilt für Obdachlose gleichermaßen wie für Bettelnde, SkaterInnen, Menschen, die im öffentlichen Raum Alkohol konsumieren, und andere.
Der Hauptbahnhof wurde quasi-privatisiert, hier achten heute Bundespolizei, private Sicherheitsfirmen und die Deutsche Bahn AG darüber, dass es sich Menschen, die nicht in die cleane Glitzerwelt der "Hauptbahnhofpromenaden" passen, nicht lange gemütlich machen auf den vorhandenen Bänken. Dass diese diskriminierenden Strategien nicht selten zusätzlich rassistisch aufgeladen werden, zeigt nicht zuletzt die "Sicherheitswerbung" der Deutschen Bahn, die während ihrer "Aktion freundlicher Bahnhof" vor wenigen Jahren den Slogan "Bunte Geschäfte rein. Dunkle Gestalten raus!" benutzte, um ihr Ansinnen in die Öffentlichkeit zu tragen.
Die Leipziger City und zahlreiche andere Plätze gehören heute beinahe ausschließlich den Einkaufzentren und deren KonsumentInnen. Sitzmöglichkeiten werden sowohl in der Stadt als auch im Bahnhof so konzipiert, dass sie nicht sehr bequem sind und sich niemand darauf hinlegen kann. Obdachlosen sollen so aus dem Stadtbild ferngehalten werden. Bettelnde werden nicht selten verjagt, SkaterInnen werden mit dem Verweis auf Ruhestörung des Platzes verwiesen.
Die sich selbst so gerne mit Toleranz und Weltoffenheit brüstende Stadt diskriminiert jene, die nicht ins Bild von "deutscher" Sauberkeit, Ordnung und Ruhe passen, die Opfer der soziale Ungleichheiten produzierenden gesellschaftlichen Verhältnisse geworden sind oder die, wie im Falle der SkaterInnen, ganz eigene Vorstellungen davon haben, wie sie öffentliche Räume "ihrer Stadt" nutzen.
Weitere Links:
Kampagne zu Überwachung und Kontrolle in Leipzig:
http://leipzigerkamera.twoday.net/
Gefördert im Rahmen des
Lokalen Aktionsplans der Stadt Leipzig durch das Bundesprogramm »VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie«